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Unsere neue Verantwortliche für die Beratungsstelle der Juventus Grundbildung
Stephanie, du betreust seit Oktober 2024 die Beratungsstelle JME. Was muss ich mir unter deiner Tätigkeit genau vorstellen, wie sieht dein Arbeitsalltag aus?
Am Anfang musste ich mich natürlich zuerst im neuen Job zurechtfinden, habe auch viel recherchiert und mich innerhalb und ausserhalb der Juventus Schulen vernetzt. Nun werden die konkreten Beratungen immer mehr, und es gibt viele Fragen, die beantwortet werden wollen.
In deiner Arbeit bekommst du vertiefte Einblicke in das, was junge Erwachsene heute bewegt. Was würdest du sagen – wie tickt die vielzitierte Generation Z? Stimmt es, dass sie technologieaffin und immer online, ungeduldig und fordernd, gesundheits- und umweltbewusst sind? Oder erlebst du Dinge ganz anders?
Was mir konkret auffällt: Themen, die aufploppen, müssen sofort bearbeitet werden, wenn es dann etwas in den Hintergrund tritt, wird das Interesse weniger oder erlischt ganz. Die Anfragen kommen mehrheitlich per Mail, Anrufe sind selten. Viele Lernende suchen nach der eigenen Identität, sind unsicher und sehr selbstkritisch, haben hohe Ansprüche an sich. Missverständnisse in der Kommunikation sind häufig, oft trauen sich Lernende nicht, Themen oder Probleme bei der Berufsbildnerin oder beim Berufsbildner anzusprechen. Und psychische Probleme sind heute sichtbarer, werden eher bei einer Beratungsstelle adressiert.
Wie viele Beratungen führst du im Durchschnitt pro Woche durch, wie viele Lernende holen sich bei dir Hilfe?
Im Schnitt sind es pro Woche wohl fünf bis acht Beratungen, die Anzahl variiert aber von Woche zu Woche stark.
Was sind die häufigsten Probleme, mit denen die Lernenden zu dir kommen?
Klassiker sind Konflikte im Lehrbetrieb wie Kommunikationsprobleme, Probleme mit dem Berufsbildner oder der Berufsbildnerin. Oder die Lernenden werden als Arbeitskraft behandelt und die eigentliche Ausbildung kommt zu kurz. Häufig kommen die Lernenden leider zu spät zu mir, die Situation im Lehrbetrieb hat sich bereits so zugespitzt, dass die Jugendlichen die Lehrstelle wechseln wollen. Weitere Themen sind Lernschwierigkeiten, aber auch persönliche Probleme, die zu Schwierigkeiten im Schul- Lehralltag führen.
Und wie kannst du konkret helfen?
Hilfreich ist beispielsweise eine Standortbestimmung, in der nach dem Ziel und dann nach Wegen/Strategien zur Zielerreichung gefragt wird. Wichtig ist auch, dass ich, wenn ich merke, dass ich nicht weiterkomme, sie rechtzeitig an eine spezialisierte Stelle weiterleite.
Was liebst du an deinem Job und was sind die grössten Herausforderungen?
Ich liebe den Kontakt zu jungen Menschen und schätze die grosse Flexibilität und Selbstständigkeit, mit der ich hier arbeiten kann. Gleichzeitig ist das aber auch eine Herausforderung: Ich muss vieles alleine entscheiden, beispielsweise, welche Anfrage ich annehme und welche ich an eine andere Stelle weiterleiten muss.
Was könnte die Juventus Schule für Medizin dazu beitragen, um die Beratungen bei dir auf ein Minimum zu reduzieren? Stichwort Stress im Schulalltag, Notendruck?
Ich sehe unser Schulsystem eher kritisch und glaube, dass ein System ohne Noten die intrinsische Motivation fördert. Dann ist ein gutes Vertrauensverhältnis zu den Lehrpersonen matchentscheidend. Toll in Sachen Prävention finde ich auch das Theaterprojekt «act back», das aktuell hier im Haus läuft. Es werden Situationen aus dem Berufsalltag nachgespielt, das Projekt spricht Herz und Verstand an, schwierige Themen werden spielerisch angegangen. Ein weiterer Punkt: Berufsbildende noch mehr ins Boot holen und sie dabei unterstützen, vertrauensvolle, tragfähige Beziehungen zu den Lernenden aufzubauen.
Zum Schluss noch eine private Frage: Was machst du, wenn du nicht arbeitest, wie verbringst du deine Freizeit?
Mit meiner Familie, meinem Mann und unseren beiden Kindern, eins ist drei Jahre, das andere acht Monate alt, bin ich gerne im Garten und in der Natur. Und ich lese gerne Bücher zu psychologischen Themen.
Liebe Stephanie, vielen Dank für das Gespräch.